Rund-Brief, November 2013

Blog 2013-11-10

Ich schreibe Ihnen um Sie, vor meiner Reise nach Teheran in den kommenden Tagen an die politischen Morde im Herbst 1998 im Iran zu erinnern.

Meine Eltern, Parvaneh und Dariush Forouhar, zwei führende oppositionelle Politiker, die Jahrzehnte für Demokratie und Rechtstaatlichkeit gekämpft haben, waren die ersten Opfer dieser Kette von Morden.
Mohammad Mokhtari und Mohammad Djafar Pouyandeh, zwei Mitglieder des Schriftstellerverbandes, Madjid Sharif und Piruz Dawani, politische Aktivisten und der Dichter, Hamid Hadjizadeh zusammen mit seinem zehnjährigen Sohn Karoun waren weitere Opfer dieser politischen Verbrechen.
Sie waren nicht die ersten Opfer der politischen Morde im Iran. Bereits Jahre zuvor wurden Dissidenten, die sich aktiv für Meinungsfreiheit eingesetzt hatten, sowohl innerhalb des Landes als auch im Ausland, Opfer solcher organisierten staatlichen Gewalttaten. Ein immer wiederkehrendes Muster der Brutalität, welches das Leben der iranischen Opposition in den Schatten des Schreckens stellte
Kurz nach den Verbrechen vom Herbst 1998 und unter massiven öffentlichen Druck wurde die Verwicklung des Informationsministeriums der islamischen Republik Iran in die Morde offiziell zugegeben. Damit wurde die Hoffnung auf Aufklärung des systematischen Machtmissbrauchs der Staatsgewalt gegen die Andersdenkenden im Iran geweckt. Doch diese versickerte in einer Politik der Vertuschung seitens der Justiz. Es folgten Verhaftungen und  Repressalien gegenüber denjenigen, die sich für die Aufklärung eingesetzt hatten. 

Es sind nun 15 Jahre vergangen; Jahre des Erinnerns an eine Reihe nicht aufgeklärter politischer Verbrechen und Beharrens auf das Recht auf Wahrheit und Gerechtigkeit.
Wie jedes Jahr kehre ich auch diesen November zum Todestag meiner Eltern in deren Haus in Teheran zurück, wo sie einst gelebt und gearbeitet und gegen die Diktatur Widerstand geleistet hatten, wo sie bestialisch durch zahlreiche Messerstiche ermordet wurden.
Der diesjährige Jahrestag wird in einer politischen Situation stattfinden, die von Widersprüchen gekennzeichnet ist. Auf internationale Ebene zeigt sich die neue Regierung um Dialog und gegenseitigen Respekt bemüht. Innenpolitisch aber werden die, während der Wahlphase versprochene Achtung der Bürgerrechte, kaum eingehalten. Die massiven Hinrichtungswellen der letzten Wochen führen die geweckten Hoffnungen auf Mäßigung und politische Offenheit ad absurdum. 

In so einer Lage können Anlässe wie der Jahrestag der politischen Morde mit ihrem Symbolcharakter die Kräfte derjenigen bündeln, die sich für Rechte der Andersdenkenden einsetzen.
Auch wenn uns in den letzten Jahren verboten wurde, am Todestag meiner Eltern eine Gedenkversammlung abzuhalten, hoffe ich, dass dieses Jahr die Proteste gegen dieses anhaltende Verbot lauter werden. Hierbei hoffe ich auch auf Ihre Unterstützung.
In der jetzigen politischen Situation im Iran ist die internationale Unterstützung zur Durchsetzung der Menschenrechte notwendig. Die Forderung nach der Achtung der Menschenrechte im Iran ist nicht nur eine Unterstützung für eine bedrängte Gesellschaft, sondern ein gemeinsamer Kampf für die Verteidigung universeller Werte und Rechte.
In diesem Sinne erinnere ich Sie an das Andenken meiner Eltern die für diese Rechte kämpften.